Güglinger Glocken
Die Güglinger Mauritiuskirche besitzt ein großes Geläute mit fünf Glocken. Jede dieser Glocken hat besondere liturgische Aufgaben. Sie laden zum Gebet, melden, wenn jemand gestorben ist und erinnern täglich an die Kreuzigungs- und Todesstunde von Jesus Christus.
Glocken haben neben dem „christlichen“ Gebrauch auch „weltliche“ Funktionen erfüllt: als Wetter-, Feuer- und Sturmglocke und als Zeitansage. So hat das Glockenläuten großen Einfluss auf die Tagesstruktur der Bevölkerung gehabt. Zum Beispiel galt beim Elf-Uhr-Läuten der Spruch: „Elfe, Weib koch!“. Der Kindergarten ging früher bis elf Uhr und nachmittags bis vier Uhr – jeweils bis zum Läuten. Heute ist man bei seinen Essenszeiten flexibler und natürlich auch bei den Betreuungszeiten in den Kindergärten.
Die einzelnen Glocken der Güglinger Mauritiuskirche und ihre Aufgaben:
Die größte Glocke ist die Dominica. Sie ist dem Herrn zugeordnet. Ihr Ton ist ein tiefes „es“. Geschrieben steht auf ihr: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“. Sie läutet eine halbe Stunde vor dem Gottesdienst und beim Zusammenläuten zum Gottesdienst sowie wenn am Samstag der Sonntag eingeläutet wird.
Die zweite Glocke ist die Betglocke. Auf ihr steht geschrieben: „Zur Ehre Gottes läute ich“. Ihr Ton ist „g“. Man hört sie täglich um 12:00 Uhr und zum Abendläuten. Auch wenn die Gemeinde im Gottesdienst das „Vaterunser“ betet, wird sie geläutet.
Die mittlere Glocke heißt Kreuzglocke. Sie ist auf „b“ gestimmt und hat am oberen Glockenrand die Inschrift: „Auf daß sie alle eins seien“. Auf dem unteren Schlagrand steht: „In ehrendem Gedenken an die im Zweiten Weltkrieg gefallenen und vermißten Söhne der Gemeinde Güglingen“. Sie läutet während der Woche um 11:00 Uhr und um 15:00 Uhr.
Zeichen- oder Schiedglocke wird die vierte Glocke des Geläutes genannt. Ihr Ton ist ein „c“. Ihre Inschrift lautet: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“. Sie ist als Zeichen eine Stunde vor einem Gottesdienst zu hören. Wenn sie morgens um 9:00 Uhr läutet, ist dies ein Zeichen, dass aus der Gemeinde jemand verschieden, d.h. gestorben ist.
Die Taufglocke ist die fünfte Glocke im Ensemble. Sie läutet auf dem hohen „es“. Auf ihr kann man lesen: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“. Wie ihr Name sagt, hört man sie, wenn eine Taufe vollzogen wird.
Auch am Güglinger Geläute sind die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts nicht spurlos vorbeigegangen. Güglingen musste im zweiten Weltkrieg vier seiner fünf Glocken abgeben. Die eine noch vorhandene Glocke war die Kreuzglocke. Sie wurde, wie damals üblich, von Hand geläutet. Dies durften meist Schulkinder machen, die dafür zu den Läutezeiten vom Unterricht freigestellt wurden. Sie hängten sich ans Glockenseil und versuchten durch Schwingen die Glocke in Bewegung zu versetzen, so dass der Klöppel an den inneren Glockenrand anschlagen konnte. Dabei haben sie im Eifer bestimmt ihr Bestes gegeben, aber die Aktionen waren doch recht unprofessionell, so dass die Glocke einen Sprung bekam und 1948 neu gegossen werden musste.
Die Kreuzglocke ist nicht nur die Älteste im heutigen Ensemble, sie besteht auch aus Metallanteilen, die noch von verschiedenen Vorgänger-Glocken herrühren. Sogar aus der Zeit vor den großen Stadtbränden 1849 und 1850 sollen Reste von Glocken dabei sein, die damals in der enormen Hitze geschmolzen waren.
Friedrich Sigmund hat bei unserem letzten „Schwätzmiddag“ die Glocken der Güglinger Mauritiuskirche in einem kenntnisreichen Vortrag vorgestellt. Herzlichen Dank, dass er uns die genaueren Informationen zur Verfügung stellt.
Nachfolgend können Sie das große Geläut der Güglinger Kirche hören.
Dorothee Hahn